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Frauentag in Heilbronn mit Warnstreik

Am Morgen begann der Frauentag in Heilbronn mit Warnstreik. Die ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen waren aufgerufen und kamen zahlreich an den Bollwerksturm. Sie fordern mehr Lohn und mehr Personal für die Arbeit. Eine Vergrößerung der Kindergartengruppen ohne mehr Personal in den Kindergärten lehnten sie ab. Beschäftigte von H&M haben ebenfalls gestreikkt, für einen Digitalisierungstarifvertrag. Maria Haido stellte diesen auf der Versammlung vor. Anschließend demonstrierten die Beschäftigten zum Kiliansplatz, wo der DGB sie empfing. Mit einer Rede und einem Sketch zum Frauentag wurde der erste Teil des Frauentags beendet.

Um 15 Uhr hielt dann das Bündnis 8. März u.a. mit Courage und kurdischem Verein aus Heilbronn eine Kundgebung auf dem Kiliansplatz ab. Gise Schulz sprach für DIE LINKE. Nachfolgend ist ihre Rede dokumentiert. Mit Marlene Neumann hat sie auch Interviews zum Thema Frauenrechte und eine Bodenzeitung gemacht.

Hier die Rede von Gise:

Redebeitrag zum internationalen Frauentag am 8.März 2022
Der Ruf nach Frieden ist in diesen Tagen aktueller denn je. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist völkerrechtswidrig und durch nichts zu rechtfertigen. Russland muss den Krieg sofort beenden und an den Verhandlungstisch zurückkehren. Unsere Solidarität gilt den Menschen vor Ort und auf den Fluchtwegen. Ich betone hier ausdrücklich, dass sich unsere Kritik und die damit verbundenen Forderungen nicht gegen die Menschen in Russland wendet. Wir solidarisieren uns mit allen demokratischen Menschen. In der Ukraine, in Russland, in Afghanistan, im Jemen , beim kurdischen Volk. Schluss mit dem Krieg. Gegen die weitere Spirale der Aufrüstung. Nieder mit den Waffen weltweit.
Ich zitiere hier aus dem Buch von Caroline Criado-Perez mit dem Titel: „ Unsichtbare Frauen“
Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert.
Frauenrechte sind Menschenrechte

Teil 1
Ich möchte hier einmal auf den Gender Gap eingehen.
Gender Gap bedeutet: geschlechterbezogene Datenlücken
Im Denken von Regierungen gibt es substanzielle geschlechterbezogene Datenlücken.
Deswegen machen sie Politik, die Männer bevorzugt und Frauen schadet.
Männlich dominierte Regierungen mögen nicht, dass wir als Teil der geschlechterbasierten
Daten erscheinen.
Doch die Fakten zeigen, dass die weibliche Perspektive wichtig ist.
Mehrere US Studien zwischen 1980 und 2000 haben ergeben, dass Frauen die Probleme von
Frauen eher zu ihrer Priorität machen und eher bereit sind, sich für entsprechende Gesetze
zu engagieren.
Eine Studie über den Einfluss von Parlamentarierinnen ergab, dass Frauen mehr über
Frauenthemen sowie Familienpolitik, Bildung und Pflege sprechen. Auch eine Analyse aus 19
OECD ( Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ) Ländern kam zu
demselben Schluss.
Nicht nur das, diese Studie zeigt, dass den Worten auch Taten folgten. Parallel zum Anstieg
der Zahl der Volksvertreterinne n in Griechenland, Portugal und der Schweiz stiegen in
diesen Ländern auch die Investitionen in die Bildung. Entsprechend sank der Anteil der
Bildungsausgaben am BIP in den späten 1990 er Jahren parallel zum geringen Anteil von
Parlamentarierinnen in Irland, Italien und Norwegen.
Eine Untersuchung von Lokalräten in West Bengal und Rajasthan ergab 2004, dass die
Besetzung nur eines Drittels der Ratsposten mit Frauen die Investitionen in für Frauen
wichtige Infrastruktur erhöhte. 2007 wurde die politische Repräsentation von Frauen in
Indien zwischen 1967 und 2001 untersucht: ein Anstieg von zehn Prozent führte zu einer um sechs Prozent höheren Wahrscheinlichkeit für ein Individuum in einer ländlichen Gegend
eine Grundschulbildung zu erhalten.
Kurz: Seit Jahrzehnten zeigen die Fakten, dass Frauen in der Politik hinsichtlich der
verabschiedeten Gesetze einen greifbaren Unterschied bewirken......

Teil 2


Nicht die Katastrophe ist tödlich


Dass Frauen ausgeschlossen werden, wenn alles schief geht, ist deshalb so ironisch, weil alte
Vorurteile gerade in Extremsituationen am wenigsten gerechtfertigt sind- denn Frauen sind
überproportional von Konflikten, Pandemien und Naturkatastrophen betroffen. Daten über
die Auswirkungen von Konflikten ( Sterblichkeit,Erkrankungsrate, Vertreibung ) auf Frauen
gibt es nur sehr begrenzt; nach Geschlechtern differenzierte Daten gibt es sogar noch
seltener. Doch die wenigen vorliegenden Informationen zeigen, dass Frauen von
bewaffneten Konflikten überproportional stark betroffen sind. In modernen Kriegen werden
Zivilistinnen weit häufiger getötet als die beteiligten Kämpferinnen. Männer und Frauen
erleben zwar gleichermassen Trauma, Verletzung und Tod, doch Frauen leiden zusätzlich
unter speziell gegen sie gerichtete Ungerechtigkeiten.
Häusliche Gewalt nimmt zu, wenn bewaffnete Konflikte ausbrechen ,und ist sogar häufiger
als die mit solchen Konflikten verbundene sexuelle Gewalt. Konkret bedeutet das
beispielsweise , dass während des dreissigjährigen Bosnienkrieges geschätzt 60.000 Frauen
vergewaltigt wurden; im 10 Tagen währenden ruandischen Genozid wurden bis zu 250.000
Frauen vergewaltigt. Schätzungen zufolge wurden während des Bürgerkriegs in Sierra Leone
( !991-2002) über 60.000 Frauen vergewaltigt.
Aufgrund von Datenlücken ( jenseits aller bereits diskutierten Gründe gibt es schlicht keine
Stelle , bei der die Frauen die Vergewaltigung melden können) ist anzunehmen, dass die
tatsächlichen Fallzahlen in all dies bewaffneten Konflikten weit höher liegen.
Frauen sterben zudem häufiger als Männer an den indirekten Folgen von Kriegen. Über die
Hälfte aller Tode von Müttern ereignen sich in von Konflikten betroffenen , instabilen
Staaten. In den 10 Ländern mit der höchsten Müttersterblichkeit herrschen entweder
bewaffnete Konflikte oder liegen nicht lange zurück. Ein Grund, dass die Hilfsmassnahmen
nach Kriegen und Katastrophen allzu häufig die besonderen gesundheitlichen Bedürfnisse
von Frauen unberücksichtigt lassen.
Für Frauen, die vor Krieg und Naturkatastrophen fliehen, setzt sich der geschlechterneutrale
Albtraum oft in Flüchtlingslagern dieser Welt fort. „Aus vielen Fehlern der Vergangenheit
haben wir gelernt, dass Frauen ein höheres Risiko für sexuelle Übergriffe und Gewalt haben,
wenn es keine getrennten Toiletten gibt, so Gauri von Gulik, Leiterin der Abteilung Europa
und zentralasien bei Amnesty international. Internationale Richtlinien besagen, dass

Toiletten in Flüchtlingslagern nach Geschlechtern getrennt , entsprechend bezeichnet und
abschließbar sein müssen.
Aber diese Anforderungen werden oft nicht umgesetzt.
Ich lese aus dem Schluss des Buches : Die Lösung für die geschlechter- und genderbezogene
Datenlücke ist offensichtlich. Wir müssen die Lücke in der Repräsentation von Frauen
schliessen. Wenn Frauen in der Forschung und Wissensproduktion in
Entscheidungsprozessen beteiligt sind, werden Frauen nicht vergessen. Die Leben und
Perspektiven von Frauen werden sichtbar. Davon profitieren Frauen auf der ganzen Welt.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Frau Criado Perez für ihre großartige Arbeit zu diesem
aufschlussreichen und beeindruckenden Buch
G. Schulz
Die LINKE