Erster Antifa-Prozeß wegen 1. Mai

Am Heilbronner Amtsgericht wurde in einem ersten Prozeß zu den Aktivitäten gegen den Nazi-Aufmarsch am 1. Mai 2011 durchgeführt.  Am 1. Mai marschierten in Heilbronn 750 Neonazis unter dem Motto "Fremdarbeiterinvasion stoppen". Gegen die Nazis demonstrierten 5000 Menschen, weitere 1000 wollten den Nazi-Aufmarsch blockieren. In diesem Zusammenhang sind nun mehrere Menschen angeklagt.

Vor dem Prozeß gab es eine Solidaritäts-Kundgebung vor dem Heilbronner Amtsgericht. Den Prozeß begleiteten dann etwa 30 antifaschistische Zuschauer. Der angeklagte Antifaschist äußerte sich während des Prozesses nur einmal, um seine politische Position darzustellen (siehe unten). Dem Angeklagten wurde Körperverletzung vorgeworfen, im Laufe des Prozesses wurde klar, dass es keine vorsetzliche Körperverletzung gab. Er soll sich am 1. Mai an einer Gegendemonstration zum Nazi-Aufmarsch in Heilbronn beteiligt haben. Die Gegendemonstranten wurden aber gleich am Bahnhof eingekesselt und nicht in die Nähe des Nazi-Aufmarsches gelassen. Die Polizei hatte dazu mit Hamburger Gittern eine Absperrung errichtet. Nach Aussagen der Polizei-Zeugen stieg der Angeklagte über das Hamburger Gitter und hörte nicht auf die Stopp-Rufe der Beamten. Bei der Festnahme kamen zwei Beamte und der Angeklagte zu Fall.

Strittig blieb vor Gericht, ob es sich bei der Absperrung um einen Polizeikessel handelte. In dem Fall wäre der Angeklagte und alle anderen im Kessel nach einem vorherigen Gerichtsurteil zu Unrecht in Gewahrsam genommen. In diesem Fall müsste der Angeklagte straffrei bleiben, da er nicht gegen Recht verstoßen hat, sondern gegen Unrecht. Zwei im Gerichtssaal anwesende Zeugen, die bestätigen konnten, dass ein Kessel vorhanden war, wurden nicht zugelassen. Den Antrag die Bundestagsabgeordnete der LINKEN, Karin Binder, als Zeugin zu befragen wurde ebenfalls abgelehnt. Binder war am 1. Mai im Kessel und konnte sich nur mit ihrem Parlamentarier-Ausweis befreien.

Der Angeklagte wurde aufgrund von Widerstand gegen Staatsbeamte zu 400 Euro plus Prozeßkosten verurteilt. Die Entscheidung zur Revision wird noch überlegt.

Der verlesene Text des Angeklagten:

Der Aufmarsch der FaschistInnen am 01. Mai in Heilbronn wird geschützt. Sie können ihre
menschenverachtende und rassistische Propaganda inklusive zeigen des Hitlergrußes durchführen.
Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen, verletzt der Staat sogar diejenigen Rechte, die er selber
aufgestellt hat. Die Polizei kesselt AntifaschistInnen, verweigert ihnen den Gang auf die Toilette,
setzt sie der Dehydrierung aus, schlägt auf friedliche DemonstrantInnen ein, lässt sie nicht zu einer
angemeldeten antifaschistischen Demo am Nachmittag durch, filmt anlasslos, verweigert ihnen das
Recht auf Versammlungsfreiheit und nimmt mehr als 400 AntifaschistInnen in Gewahrsam.
AntifaschistInnen werden mit Anzeigen konfrontiert, eingeschüchtert, bekommen Platzverweise etc.
.
Die AntifaschistInnen die per Zug ankamen, wurden schon bei ihrer Ankunft am Bahnsteig
gekesselt, und die Treppen zum Bahnhofsvorplatz herunter gestoßen auf dem die Polizei sofort
wieder kesselte.
Nachträgliche gerichtliche Feststellungen der Rechtswidrigkeit der Kessel wie zuletzt bei den
rechtswidrigen Kesselung von AntifaschistInnen am 01 Mai 2009 in Ulm, haben keine
Konsequenzen. Beim nächsten Naziaufmarsch, macht die Polizei weiter wie gehabt.
Auch vor einer umfassenden Überwachung der AntifaschistInnen, wie bei der
Funkzellenüberwachung in Dresden macht sie nicht halt. Stattdessen wird von ihr und der Politik
vertuscht, geleugnet und heruntergespielt.
In Stuttgart wird Chris, ein entschlossener Antifaschist, trotz Widersprüchen der Zeugen und
fehlender Beweise, wegen seines Engagements gegen die rassistische Organisationen „PI-News“,
„Bürgerbewegung Pax Europa“ und der Partei „die Freiheit“ zu 11 Monaten Haft verurteilt.
In Offenburg versucht die Polizei gerade den Mordversuch des Faschisten Florian Stech zu
relativieren und das schwerverletzte Opfer, den Stuttgarter Antifaschisten Alex, zum Täter zu
erklären.
Will ein Demonstrant die Polizei z. b. wegen Körperverletzung im Amt verklagen ist dies oft nicht
möglich, da es in Baden-Württemberg keine Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen gibt.
PolizistInnen werden augenscheinlich als Menschen höherer Klasse beurteilt, als
DemonstrantInnen, die ihr Recht auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen. Statt einem Verfahren
gegen die Polizei, folgt oft eine Gegenanklage durch die Polizei um die DemonstrantInnen zu
disziplinieren als auch sie und andere einzuschüchtern und künftig von Klagen gegen die Polizei
abzuhalten. Dadurch soll die Polizei unangreifbar gemacht, so dass sie nicht zur Rechenschaft
gezogen werden kann. Damit erhält sich der Staat unter rechtsstaatlicher Fassade die Möglichkeit,
AntifaschistInnen weiterhin zu verfolgen, einzuschüchtern und mit Repression zu überziehen.
Nicht AntifaschistInnen gehören auf die Anklagebank, sondern FaschistInnen, sowie die Teile der
Exekutive, Legislative und Judikative, die diese schützen.
Wenn Judikative, Exekutive und Legislative nicht bereit sind Faschismus zu bekämpfen, sondern
diesen in Schutz nehmen und unterstützen, wird Notwehr zur Pflicht.
Der 2. WK hat gezeigt, zu was Faschismus führt. Krieg und eine gnadenlose Verfolgung von
Minderheiten, als deren Folge es 60 Mio. Tote gab.
Ich sehe es weiterhin als mein Recht an gegen den Faschismus zu kämpfen und mich auch an
Blockaden von Naziaufmärschen zu beteiligen. Ich werde an diesen Blockaden auch weiterhin
teilnehmen. Ich werde nicht mit den Repressionsorganen des Staates kooperieren und verweigere
im weiteren sämtliche Angaben, zu denen ich nicht verpflichtet bin, sowohl zur Sache als auch zu
meinen persönlichen Verhältnissen.